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Achtsam Kranksein



Zweite Corona Impfung. Wunderbar. Eine ganz hervorragende Gelegenheit mich im achtsamen Kranksein zu üben. Warum komme ich eigentlich auf so eine Idee? Ehrlich gesagt verspreche ich mir davon, dass es erträglicher wird. Da es mir bei der ersten Impfung schon ziemlich schlecht ging und ich mega genervt war, fast zwei Wochen zu leiden, will ich das nun ein wenig anders machen. Achtsamkeit kann da als Hilfsmittel nicht schaden, da es eigentlich alles erträglicher macht. Das Ziel ist es alles was vor sich geht ganz objektiv zu beobachten und es weder verändern noch wegdrücken zu wollen - ganz vereinfacht erklärt. Die Herausforderung ist dabei ganz klar der Zeitfaktor. Achtsam Sein kann für eine Weile gelingen, aber man rutscht sehr schnell wieder in die Normalität in der man sich von Impulsen im Inneren und Äußeren leiten lässt.


Mein Versuch startet am zweiten Tag nach der Impfung am Vormittag: Ein achtsames Wandern in die Krankheit. Ich kenne die Symptome, denke daran wie es sein wird und lasse alle Gedanken bewusst los. Heiße alles mit offenen Herzen willkommen, wie ein weißes Blatt Papier. Im Moment sein und spüren auch wenn das Blatt nicht ganz leer ist. Brauche die Hab-Acht-Stellung nicht, darf offen und neugierig sein auf alles, was kommt. Alles darf kommen: Hereinspaziert alles ist vorbereitet. Keine Ressentiments den Besuchern der nächsten Tage gegenüber. Sie bringen etwas mit. Wie die heiligen drei Könige, die Wertvolles und heilsames für mich in einem Koffer haben. Heilsames? Vielleicht das Training für mein Immunsystem, das im Hintergrund ohne mich abläuft? Nein, Heilsames zum selber mitmachen ein Deluxe DIY (Do-IT-Yourself). Ohne Mitmachen liegen die Schätze nutzlos rum und sind nur im Weg.


Ich nutze es, bin neugierig, was daraus wird. Der innere Schweigefuchs springt an. Mund und Gedanken schließen sich, das Geplapper wird leiser. Ohren und Sinne, meine Haut, wachen auf und sind offen für die neue Aufmerksamkeit. Zauberei. Die Gaben werden groß und immer schöner. Ich betrachte sie mit Freude. Mit geschlossenen Augen sehe ich sie noch besser. Mittendrin Sein. Nichts in mir will sie wegschicken. Der Boden das Bett das Sofa der Stuhl, die mich tragen, sind willkommene Helfer damit ich den Mitbringseln der Besucher die gebührende Aufmerksamkeit schenken kann. Ein Fluss, eine sanfte Welle das reichsten Samt fließt durch den Körper. Der Körper darf gespürt werden und dankt es mit Gelassenheit, Zufriedenheit und Wohligkeit.


Wie ein Kind, das endlich für seine Ideen und Spiele die uneingeschränkte Aufmerksamkeit bekommt, wird der Körper immer ruhiger und fast schon ausgeglichen - wenn man das von Materie so sagen. Ich betrachte weiter. Will nichts ändern. Das Kunstwerk bin ich, mein Körper, meine Gedanken, meine Empfindungen und der Künstler, den kenne ich nicht. Aber, ich erfreue mich im höchsten Maße an dem wunderbaren Werk, das ich mit allen Sinnen erleben darf indem ich einfach nur da bin. Getragen werden von der Erde, da sein und betrachten.


So kann achtsam Kranksein ein Weg der Heilung sein. Spüren, nicht Ändern wollen, sein lassen was da sein will. Genuss des früher verhassten Krankseins. Die Krankheit als Lehrer annehmen, der das Leben unendlich bereichern kann, wenn du bereit bist.


Warum das Sinn macht? Beim Kranksein, wie auch bei vielen anderen für uns unangenehmen Dingen im Leben, sind wir stark damit beschäftigt ES weg bekommen zu wollen oder möglichst effektiv zu ignorieren. Das geht manchmal, kostet aber oft viel zu viel Kraft. Beim Kranksein kann man wie ich finde gut üben, wie viel Loslassen es braucht, um in ein Gefühl der Leichtigkeit zu kommen, ohne dass man sich in einer Traumwelt verliert und die Krankheit ignoriert. Der Weg ist dabei der Körper, das unvoreingenommene Spüren der Körperempfindungen. Ohne vorherige Urteile und Ideen erforschen was da ist, wie ein Wissenschaftler. Und, dabei loslassen, wie du denkst, dass du, die Welt, Dinge und die Menschen um dich zu sein haben.

Was du ausprobieren kannst:

  • Beobachte einen Tag lang wo du dich, andere Menschen, Dinge und Situationen verändern willst. Bleib bei der Beobachtung. Bewerte dein Verhalten nicht mit “das ist gut” oder “das ist schlecht”. Du darfst sein wie du bist.

  • Lege dich auf den Rücken. Stelle dir einen Timer auf 9 Minuten. Eventuell breitest du eine Decke über dich aus, legst ein kleines Kissen unter deinen Kopfe und bedeckst deine Augen mit einem Stück Stoff (Socken eignen sich sehr gut dafür). Lege dich so ab, dass deine Handflächen zur Decke zeigen. Deine Arme sind entlang des Körpers aber mit etwas Abstand abgelegt so dass sich Schultern und Nacken gut anfühlen. Deine Beine sind ausgestreckt und mindestens hüftbreit abgelegt. Füße und Zehen fallen nach außen. Spüre jetzt wie der Boden dich trägt. Du kannst einfach nur da sein. Alle deine Gedanken oder was auch immer aufkommt darf da sein. Du musst nichts tun.

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